Plattform, Architektur & Services

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Architektur

Die ResKriVer Plattform verwendet eine verteilte, skalierbare Architektur, die sowohl eine separate Entwicklung der einzelnen Services ermöglicht, wie auch später im produktiven Einsatz eine flexible Verwendung von Untermengen der Services zulässt. Die folgende Abbildung stellt das Schichtenmodell der Architektur dar und zeigt, welche Dashboards und Services den verschiedenen Nutzergruppen zur Verfügung gestellt werden, welche neuen Kommunikationsmöglichkeiten entwickelt und welche Datenquellen verwendet oder erzeugt werden.

Architektur der ResKriVer-Plattform
Dashboards

Im Projekt werden eine Reihe von Dashboards entwickelt, mit denen die verschiedenen Nutzergruppen die geplanten Feldtests und Demonstrationen durchzuführen: den Workflow und Mapping Editor mit dem Simulations Dashboard für die Evaluierung der Versorgungssicherheit, das Social Media Dashboard und der Krisenkompass zur Krisenkommunikation, die Kat-Leuchtürme für das Blackout-Szenario und schließlich die Vokabular Entwicklungs Pipeline mit Editor und Knowledge Graph Explorer für die Erfassung des Domänenwissens für alle Demonstratoren wie z.B. der Behandlung von Risikopatienten.

Nodes

Ein ResKriVer Node ist eine Server-Instanz bestehend aus je einer Graphdatenbank (mit verschiedenen Werkzeugen) und einer P2P-Komponente. Über die Menge aller Knoten hinweg entsteht damit ein sicherer, verteilter und resilienter Knowledge Graph. Der Graph nutzt in ResKriVer entwickelte und existierende Modelle zum Beschreiben von Daten. Diese werden den Linked Open Data Standards entsprechend durch Ontologien repräsentiert. Für diesen Graph stellt eccenca Werkzeuge als Dienste sowohl für REST-Clients als auch in Web-UIs zur Verfügung.

Graph Daten- und Modellerstellung (eccenca)

Diese Dienste sollen einerseits den Aufbau des Knowledge Graph über kollaborativ definierbare Workflows ermöglichen, in denen Schritte zum Import, Transformieren, Bereinigen von Daten festgelegt werden. Vor allem die Abbildung von der Ausgangsstruktur der Daten, die in der Regel nicht aus auf Graph-Daten basierenden Quellsystemen kommen, auf die in ResKriver genutzten Ontologien, ist dabei entscheidend. Über APIs ist eine Anbindung der Werkzeuge und Repositories möglich, die zum Aufbau der ResKriVer-Modelle genutzt werden, um diese in ihren neuesten Versionen konsistent auf allen ResKriVer-Nodes zu registrieren.

Graph Anfragen und Analysen (eccenca)

Basierend auf den gemeinsamen Ontologien sollen Dienste für Anfrage, Analyse, Suche und Exploration über alle semantisch integrierten Daten hinweg ermöglicht werden. Dazu stehen neben Standard-Anfragesprachen wie SPARQL auch weitere Methoden zur Verfügung. Zum Beispiel das Hinterlegen von parametrisierbaren Anfragen durch Nutzer, die dann über REST-Schnittstellen leicht durch verschiedene Clients oder Dashboards ausgeführt werden können, ohne dass diese selbst komplexe Anfragen verwalten müssen. Ähnlich zu den Datenintegrations-Workflows ist es, falls nötig, ebenfalls möglich, Graph-Daten erneut zu transformieren, Analysen auszuführen und Ergebnisse wieder in externe Systeme zu exportieren.

Services
Evaluation der Versorgungssicherheit (FHG IML)

Moderne komplexe Liefernetzwerke sind selbst für Lieferkettenexperten oft nicht mehr vollständig in Bezug auf ihr Verhalten zu durchblicken und die Seiteneffekte von vermeintlich guten Änderungen sind nicht immer abzusehen. Mit Hilfe einer KI-basierten Supply Chain Optimization sollen automatisch Verbesserungs- und Lösungsansätze für den Einsatz im Krisenfall sowie zur Krisenprävention erzeugt werden. Diese Vorschläge werden dabei direkt mit Hilfe von Surrogatmodellen und/oder vollständigen Lieferkettensimulationen auf ihre Effektivität überprüft.

Social Media Monitoring (Condat)

Da immer mehr Nutzer in Soziale Netzwerke wie Twitter, Facebook, LinkedIn oder Instagram sowie Blogs und Foren zeitnah viele Beiträge und Meinungen zu aktuellen Themen einstellen, bieten sich diese für ein Monitoring in Krisensituationen an. Dies ermöglicht die Erkennung von neu hochkommenden Problemen, Meinungen, Themen wie auch das Einschätzen von Stimmungen und Risiken in den verschiedenen Gruppen der Bevölkerung. Für dieses Monitoring wird in ResKriVer ein zyklisches Auslesen von Web Inhalten realisiert, bei dem ad-hoc auftretende Themen und Trends identifiziert werden und oft neu entstehende Begriffe und Redewendungen (wie z.B. Quarantänebrecher, Coronaspeck) zu berücksichtigen sind. Dazu sind kurzfristig neue Problemstellungen zu lösen, für die keine etablierten Referenzen und Quellen vorliegen. Zudem sind neue Methoden zu entwickeln, um die besten verfügbaren Social Media Beiträge zu finden und zu klassifizieren.

Validierung von Online-Inhalten (Condat)

Für Medien, TV und Presse ist Glaubwürdigkeit ein essentielles Anliegen, da die Verbreitung korrekter und unverfälschter Informationen die Grundlage ihrer Reputation bilden und notwendige Voraussetzung sind, um Kunden zu gewinnen und langfristig zu binden. In Krisensituationen ist besondere Sorgfalt erforderlich, da in einer angespannten Situation leichtfertig oder vorschnell falsche Information weiter gegeben werden könnte. Wenn es sich dabei sogar um Sicherheits- oder Gesundheits-relevante Daten handelt, könnte die Glaubwürdigkeit einer Quelle langfristig beeinträchtigt werden. Die Validierung erfolgt in ResKriVer auf Grundlage der W3C Credibility Signals unter Nutzung externer Ressourcen über Quellen (z.B. Social-Media- oder Web Accounts von Personen oder Organisationen). Hierzu werden für Krisensituationen geeignete Methoden verwendet: i) die Nutzung relevanter Fact Checking Ressourcen zur Identifikation von Fakten, ii) NLP um Auffälligkeiten oder Sentiments bzgl. Texten zu erkennen und iii) KI Verfahren für die Klassifikation, Ordnen und Visualisierung.

Behandlungsplanung elektiver Risikopatienten (FHG Fokus)

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass Krisen die Behandlungskapazitäten von Kliniken wie z.B. der Charité unter große Herausforderungen stellen. Einerseits belasten sie nicht nur die Ressourcen (Behandlungseinrichtungen und Personal), die eingeschränkten Kapazitäten führen andererseits zu Schwierigkeiten bei der medizinischen Versorgung von Risikopatienten. Insbesondere Risikopatienten, die vor einem Eingriff durch eine telemedizinische Betreuung überwacht werden, helfen, die Krisenlage etwas zu entspannen. Für diese elektiven Patienten muss jedoch sichergestellt werden, dass sie zum richtigen Zeitpunkt zur klinischen Behandlung einbestellt und in die Prozessabläufe der Behandlung integriert werden, um Übersterblichkeiten zu vermeiden. Hierfür sind eine Vorhersage der Dringlichkeit der Behandlung und eine ressourcen-beschränkte Behandlungsplanung notwendig. Anhand einer medizinischen Studie von Patienten, die unter arteriellen Stenosen leiden und telemedizinisch überwacht werden, wird ein Ansatz entwickelt, um die Patienten zu ermitteln, die am dringlichsten einer Implantation einer arteriellen Herzklappe bedürfen.

Netzwerk für die Kommunikation im Blackout-Fall (KomRe)

Das KomRe-Netz ist als selbsterhaltendes Kommunikationssystem für den Einsatz in Krisen- und Katastrophenfällen ausgelegt und funktioniert auch bei einem Blackout. Es soll im Vorhaben als Notfallkommunikationsebene für die Krisenkommunikation und zur Datenübertragung für die ResKriVer-Plattform genutzt werden. Das KomRe-Netz bietet der Berliner Feuerwehr und den Berliner Wasserbetrieben seit 2012 eine autarke, ausfallgeschützte Kommunikationslösung für Krisenfälle. Das Kat-L-System soll in Berlin an 36 öffentlichen Gebäuden, ausgewählten Feuerwachen und Krankenhäusern ein Informations- und Kommunikationssystem für die Bevölkerung in Krisen- und Katastrophenfällen bieten. Dabei wird ein unabhängiges ausfallgeschütztes Krisen-Kommunikationssystem genutzt, welches eine bidirektionale Kommunikation zwischen den Endpunkten ermöglicht. Diese Endpunkte können sowohl als Datenquelle für die Erstellung von Lagebildern als auch als Anzeigemedium für Daten und Informationen genutzt werden.

Supply Chain Simulation und Optimierung (FHG IML)

Mit steigender Komplexität der Lieferketten und einem hohen Detailgrad innerhalb der Simulation wächst der Rechenaufwand für Simulationen stark an. Um die Reaktionszeiten im Krisenfall reduzieren zu können, sollen mit Hilfe der Simulationsergebnisse KI-Surrogat-Modelle erzeugt werden, welche angenäherte Simulationsergebnisse in kurzer Zeit liefern können, um so die Bewertung von Lösungsansätzen erheblich zu beschleunigen.
Um das Verhalten von Lieferketten in verschiedenen Szenarien vorherzusagen, setzen wir das Supply Chain Simulation Tool OTD NETWORK ein. Dies ist eine ereignisdiskrete Simulation zur Abbildung von Supply Chains. OTD NETWORK umfasst die Planung und den Materialfluss einer Supply Chain vom Auftragseingang über die Produktion bis zur Auslieferung an die Kunden. Umfassende Planungsprozesse werden im Detail abgebildet und bewerten die Lieferkette nach Kosten, Leistung und ökologischen Parametern. Für Schwachstellen- und Engpassanalysen wird OTD NETWORK adaptiert
.

Social Media Monitoring mit Sprachmodellen (Merantix)

Das zentrale Ziel ist die Entwicklung eines KI-Modells zur Identifikation von Anomalien oder Krisenereignissen auf der Basis von Textdaten aus Social-Media-Streams. Ein Beispiel hierfür ist ein Twitter-Stream, in dem mehrere Nutzer eine Krisensituation in ihren Tweets beschreiben. Ziel ist es, solche Situationen zu erkennen und die von den Nutzern zur Verfügung gestellten Informationen so aufzubereiten, dass sie z.B. in den Entscheidungsprozess von Krisenstäben einfließen können. Zu diesem Zweck entwickelt Merantix Momentum ein Sprachmodell zur Erstellung semantischer Embeddings von Social Media Posts. Diese Embeddings können dann entweder weiterverarbeitet oder zur Visualisierung für den Nutzer in einen zweidimensionalen Raum projiziert werden. Ein Dashboard mit einer solchen Visualisierung ermöglicht es dem Nutzer, semantische Tweet-Cluster zu identifizieren und zu taggen, sowie die Cluster über einen Zeitraum zu beobachten.

Ausfallsichere, unverfälschbare Kommunikation (Condat)

Verteilte Register auf Basis von Blockchains sind für RKV insofern relevant, da damit kurzfristig neu gebildete Gruppen von Nutzern Daten sicher austauschen können, die transparent und resilient gegenüber teil- und zeitweisen Ausfällen von Servern und Kommunikation sind. Blockchains werden in den letzten Jahren intensiv diskutiert, da sie auch die Basis für digitale Währungen wie Bitcoins bilden. Für die ausfallsichere, unverfälschbare Kommunikation wird in ResKriVer eine Anpassung, Erweiterung und Konfiguration vorhandener Frameworks für sichere Register erforderlich. Für die dynamisch variablen Anforderungen und Sicherheitsaspekte werden u.A. Smart Contracts und eigene Token benötigt. Mit der Verwendung der Blockchain Technologie kann ein autonomes, sich selbst steuerndes, resilientes und ausfallsicheres P2P-Netzwerk geschaffen werden, bei dem jeder Nutzer und Dienst einen eigenständigen Knoten darstellt. Dieser ist gleichzeitig verschlüsselt und „trustful“. Dabei können nicht nur die Daten, sondern auch andere ResKriVer Dienste blockchain-enabled werden, d.h. ausfallsicher und verteilt ablaufen.

Datenquellen
Knowledge Graph (eccenca)

Mit Hilfe von Enterprise Knowledge Graphs werden innerhalb der ResKriVer-Architektur verschiedene Werkzeuge für die Wissensexploration, für semantische Datenintegration, für die Datenvalidierung sowie für die Entwicklung von Ontologien zur Verfügung gestellt. Für die Ableitung und den Export von Simulationsmodellen aus dem semantischen Modell des Knowledge Graphs werden Schnittstellen zu OTD NETWORK entwickelt.

Domänen-Ontologien (FHG Fokus)

Ontologien und Knowledge Graphen werden im Rahmen von ResKriVer für die semantische Modellierung von Anwendungsbereichen, deren Terminologien und als verbindendes Element zwischen Lieferkettenbeschreibung, ihrer Analyse und Simulation verwendet. Für die Modellierung der Ontologien von Anwendungsbereichen und -situationen wird ein bereits entwickelter, repräsentationsformat-unabhängiger, einfach zu bedienender Thesaurus-Editor angepasst.

Netzwerk und Kommunikation
Peer2Peer Netzwerk (FHG Fokus)

Peer-to-Peer Architekturen und Frameworks werden in unterschiedlichen Anwendungssystemen zur verteilten Speicherung und Abruf von Informationen genutzt. Größter Vorteil ist ihre einfache Skalierbarkeit durch Hinzunahme zusätzlicher Server. Eine unternehmensübergreifende Nutzung dieser Architekturen zur Verwaltung sensibler Unternehmensinformationen erfordert deren Erweiterung, um bekannte IT-Sicherheitsmechanismen (wie z.B. Public-Key-Encryption, Distributed-Ledger-Technologien, SOLID). Durch die direkte Kommunikation zwischen Knoten des ResKriVer-Netzwerks wird die Abhängigkeit von zentralen Servern und Diensten im Krisenfall reduziert, sodass der Ausfall von Teilen der Infrastruktur teilweise kompensiert werden kann. Durch die Replikation von Daten werden die Datensicherheit und -verfügbarkeit erhöht.

Notfallnetze im Blackoutfall (KomRe)

Um im Fall eines Blackouts die Kommunikation zwischen Krisenstäben, Einsatzkräften und der Bevölkerung aufrecht erhalten zu können soll eine Infrastruktur für die ausfallsichere Kommunikation aufgebaut werden. Diese beinhaltet ein vom normalen Internet unabhängiges, batterie- und notstromversorgtes Drahtlosnetzwerk, über welches Nachrichten und Informationen übertragen werden können. Diese Knoten können von Teilnehmern der ResKriVer Plattform stationär eingerichtet oder für den mobilen Einsatz in Form einer tragbaren Einheit eingesetzt werden. Darüber hinaus werden Katastrophenschutz-Leuchttürme (Kat-L) aufgebaut, über die im Fall eines Blackouts Informationen an die Bevölkerung ausgegeben oder interaktiv Statusmeldungen von Bürgern eingeholt werden können.